Prototyp (m, -s,
-en), fachsprachlicher Ausdruck des erweiterten Standardwortschatzes;
Entlehnung aus mittellateinisch prototypus, dieser aus griech. protótypon
„Urbild“; Kompositum aus griech. prõtos „erster“ und griech. týpos
„Bild, Muster“.
Verwendung in der Prototypensemantik, einer von
Eleanor Rosch begründeten sem. Kategorisierungstheorie.
Der P. stellt nach dieser
Theorie das beste Exemplar, den besten Vertreter oder das zentrale Element
einer Kategorie dar. Er ist das (für eine Gesellschaft) typische, für andere
stellvertretendes Beispiel oder Muster, welches der Inbegriff dessen ist, was
man sich gewöhnlich unter einer Sache vorstellt, da er über die größte Anzahl
der hervorstechenden Eigenschaften einer Kategorie verfügt. Der Prototyp ist
dabei kein Einzelexemplar (z.B. „Kater Mucki“), sondern eine Unterkategorie
(z.B. Katze als Unterkategorie von Tier).
In der Regel werden für eine
Kategorie mehrere prototypische Kerne angenommen, um die herum sich periphere,
d.h. weniger gute bzw. weniger zentrale Kategorieelemente / Vertreter einer
Kategorie in absteigender Reihenfolge ihres Repräsentativitätsgrades (ihrer
Typizität) gruppieren. Durch kulturelle Entwicklungen können sich die
Einschätzung einer Gesellschaft bezüglich des besten Vertreters / der besten Vertreter
einer Kategorie verändern. Ein bisheriger Prototyp wird dann immer mehr seine
Position als zentrales Kategorieelement verlieren und in die Peripherie
abgedrängt werden. Gleichzeitig wird der alte Prototyp sukzessive durch ein
anderes Element ersetzt, das der neuen, veränderten allgemeinen Vorstellung
einer Gesellschaft von der optimalen Ausführung / dem besten Exemplar einer
Kategorie entspricht (neuer Prototyp).
(1) Apfel gilt in
D als bester Vertreter der natürlichen semantischen Kategorie Obst
Verschiebung:
Wenn in D die Versorgung mit Äpfeln mehr und mehr abnimmt und dafür
hauptsächlich Himbeeren erzeugt und konsumiert werden, verschiebt sich der
Prototyp der Kategorie Obst von Apfel zu Himbeere
(2) Spatz ist in D
der Prototyp der Kategorie Vogel (bester, typischster Vertreter)
Literatur:
- Rosch, Eleanor: Principles of Categorization, In: Studies in Cross-Cultural Psychology, London 1977, S. 1-72
-
Kleiber, Georges:
Prototypensemantik: Eine Einführung, Tübingen 1993, S. 30-48
Autorin:
Yvonne Beck